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diversion #3
Welcome to the Commemoration
SPANISH & ENGLISH VERSION BELOW
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Willkommen zur Gedenkfeier
Dieser Text ist gleichzeitig mit der h-Moll-Messe von Bach anzuhören.
Dieser Text entstand anlässlich Allerseelen, des Tages der Verstorbenen, 02. November 2023, in Trauer und Gedenken an die Verstorbene Josefine Giebler,
(*) 24.09.1998, † März 2021
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der Altar
Ich gedenke der Verstorbenen Josefine Giebler, sie möge in Ruhe ihren Frieden gefunden haben. Danke Josefine, dass du bis zu deinem letzten Atemzug für mich gekämpft hast. Du warst standhaft, bis du deine Identität endlich losgelassen hast. Du musstest dich selbst aufgeben damit Platz für mich entstehen konnte. Dein Tod gibt mir Raum um zu sein; Tod und Neugeburt gehen Hand in Hand. Dein Körper gehört der Vergangenheit an. Testosteron hat deinen Körper übernommen und mich für immer neu erschaffen. Ich habe deine Augen geerbt; ich werde nie vergessen, was du gesehen hast. Deine Erinnerungen sind meine Erinnerungen. Ich weiß, du hast so sehr versucht jemand zu sein, wer du nicht bist – eine Frau, die mal ein Mädchen war. Du hast dich dabei verausgabt, hast so viel Zeit und Mühe in deine Konstruktion investiert, wolltest so gerne sein wie von dir erwartet wurde. Du warst fleißig, brav und ungezogen, gewissenhaft, verschlossen, ängstlich, eigen und dickköpfig, du warst verzweifelt. Als Fine blicke ich auf Josefine zurück, die mich als weiblich weder verstand noch sah. Dein Durchhaltewillen hat sich in neues Leben transformiert. Dein Lebensgeist lebt in mir weiter. Dein Mut und Kampfgeist manifestieren sich jetzt in mir als Fine. Deine Trauer ruht. Dein Lachen ertönt in mir. Dein gebrochener Körper hat sich selbst ein neues Leben geschenkt, ich verdanke dir mein Leben. Deine Stimme ertönt nicht mehr. Du hast gerne gesungen, deine Stimme, sie wurde mit christlicher Chorliteratur bespielt, trainiert zum Sopran I, der höchsten „Frauenstimme“. Deine Atemzüge dazu genutzt zu performen. In Chorwettbewerben wurdest du gehört, in Solis gepriesen; in Weiblichkeit wurdest du überstimmt, unterbrochen und zum Schweigen gebracht. Auf dich wurde Druck ausgeübt, bis du dir selbst nicht mehr geglaubt hast. Zerspalten im Herzen, ein pochender Schmerz, dein Körper schmerzte sehr. Körperteile, die lose zusammengehalten wurden. Gedanken, die sich selbst zerfetzten und deine Stärke gegen dich selbst aufhetzten. Nach außen hast du dich geordnet gezeigt, während sich dein Inneres desintegrierte. Du warst ehrgeizig zu leben, hast dich nach außen hin vorbildlich gegeben. Beim Abitur wurdest du zur „Musterschülerin“ des Jahrgangs gewählt, während du dir nach Innen blickend kein Bild von dir selbst ausmalen konntest, nur Leere vorfandst. Du warst auf der Suche nach dir selbst. In dir schlummerte eine Neugeburt als Fine. Josefine war sich ihres Endes immer bewusst, wusste sie würde nicht für immer bleiben. Dein Sein hat sich in Scham zersetzt. Die Scham nicht genug zu sein, falsch zu sein, nicht dazu zu gehören, anders zu sein. Die Scham als Schlampe zu gelten. Deine Haut war weich und hat dein Inneres zusammengehalten, geschmückt von Leberflecken und Muttermal. Du hast versucht deinen Körper mit Essstörung in eine Form zu bringen, die weniger und damit genug ist. Du hast versucht deine Fülle an Sein wegzuhungern. Du hast versucht durch exzessive Eigenkontrolle dich selbst zu finden formen. Alkoholexzesse haben dir Luft zum Atmen verschaffen, indem sie dich gezwungen haben die Fassade zu brechen und mehr von dir zu zeigen, Inneres in Erbrochenem herauszukatapultieren, während sie dein Sein betäubten. Die Teile, die du selbst nicht sehen wolltest haben sich in Blackouts selbst gelöscht. Du hast auf einer Ebene existiert, in der du dich selbst nicht mehr gespürt hast. Josefine war hungrig nach Erlös(ch)ung, stand dein Sein doch instabil auf zwei Beinen, die liefen und nicht wussten wohin. Josefine war liebend, konnte ihre Liebe jedoch nicht auf sich selbst richten. Fine entspringt deiner Selbstliebe, deinem Selbstvertrauen, deiner Intuition. Fine kann jetzt Fine und Josefine lieben. Ich integriere dich, indem ich dich als Fine verstehe. Ich als Fine wäre ohne dich nicht möglich gewesen. Sie reinkarnierte als they und er.
Ich gedenke dir, Josefine. Ich glaube dir, Josefine. Ich verabschiede mich von dir und lasse dich gehen. Du hast dich selbst übertroffen und mir mein Leben geschenkt. Dein Leben hat Sinn für meine jetzige Existenz. Du bist wertvoll für mich. Ich erschaffe mir selbst das Leben in Fine, welches für Josefine nicht möglich war. Du inspirierst mich. Mit deiner Weisheit kann ich neue Wege gehen. Mit deiner Stärke kann ich mich selbst erschaffen. Mit deinem Trauma weiß ich umzugehen. Mit deiner Leidenschaft liebe ich mein Leben. Dank deiner Zielorientierung weiß ich was Jetzt zu tun ist, weiß jetzt präsent zu sein. Deine Neugierde leitet mich, um neue Perspektiven zu entdecken. Deine Träume wissen sich in Fine auszudrücken. Du verdienst deine Neuschaffung als Fine und alles, was Fine noch erschaffen wird. Ich hab dich lieb. Vielen Dank für das Leben, was du mir geschenkt hast. In Fine kann ich frei sein.
Ruhe in Frieden.
† Josefine, 24.09.1998 – März 2021
Dieser Text wurde ursprünglich auf Deutsch verfasst.
VERSIÓN EN ESPAÑOL
Bienvenides a la conmemoración
Por favor, escucha la Misa en si menor de Bach mientras lees el texto.
Este texto fue escrito con ocasión del Día de los Difuntos, 02 de noviembre 2023, en duelo y recuerdo de la difunta Josefine Giebler, (*) 24/09/1998, † marzo 2021
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el altar
Recuerdo a la fallecida Josefine Giebler, que haya encontrado su descanso en paz. Gracias Josefine por haber luchado por mí hasta tu último aliento. Fuiste firme hasta que finalmente soltaste tu identidad. Tuviste que renunciar a ti misma para hacerme lugar. Tu muerte me da espacio para ser; muerte y renacimiento van de la mano. Tu cuerpo pertenece al pasado. La testosterona se ha apoderado de tu cuerpo y me ha recreado para siempre. He heredado tus ojos; nunca olvidaré lo que has visto. Tus recuerdos son mis recuerdos. Sé que te esforzaste tanto por ser alguien que no eras: una mujer que solía ser una niña. Te gastabas en ello, invertías tanto tiempo y esfuerzo en tu construcción, querías ser quien se esperaba que fueras. Eras trabajadora, buena y traviesa, concienzuda, reservada, miedosa, obstinada y cabezota, estabas desesperada. Como Fine, vuelvo a mirar a Josefine, que ni me comprendía ni me veía como mujer. Tu voluntad de perseverar se ha transformado en nueva vida. Tu espíritu de vida sigue vivo en mí. Tu coraje y tu espíritu de lucha se manifiestan ahora en mí como Fine. Tu pena descansa. Tu risa resuena en mí. Tu cuerpo destrozado se ha dado una nueva vida, te debo la vida. Tu voz ya no resuena. Te encantaba cantar, tu voz, se jugaba con la literatura coral cristiana, entrenada a la soprano primera, la "voz femenina" más aguda. Tu aliento usado para actuar. En concursos corales se te escuchaba, en solos se te alababa; en feminidad se te anulaba, se te interrumpía y se te silenciaba. Te presionaron hasta que dejaste de creer en ti misma. Hendidura en el corazón, un dolor punzante, te dolía mucho el cuerpo. Partes del cuerpo que se mantuvieron sueltas juntas. Pensamientos que se desgarraban a sí mismos y que volvían tu fuerza contra ti misma. Por fuera parecías organizada, mientras que tu interior se desintegraba. Eras ambiciosa para vivir, te presentabas como ejemplar por fuera. En el bachillerato, fuiste elegida alumna ejemplar del año, mientras que mirando hacia dentro no podías visualizarte y sólo encontrabas vacío. Te estabas buscando a ti misma. En ti dormía un renacimiento como Fine. Josefine siempre estuvo consciente de su fin, sabía que no se quedaría para siempre. Tu ser se desintegraba en la vergüenza. La vergüenza de no ser suficiente, de estar equivocada, de no pertenecer, de ser diferente. La vergüenza de ser considerada una puta. Tu piel era suave y mantenía unido tu interior, adornada con lunares y marcas de nacimiento. Intentaste moldear tu cuerpo con un trastorno alimentario para darle una forma que fuera menos y, por tanto, suficiente. Intentaste matar de hambre la plenitud de tu ser. Trataste de encontrarte moldearte a ti misma a través de un autocontrol excesivo. Los excesos alcohólicos te dieron aire para respirar al forzarte a romper la fachada y mostrar más de ti misma, catapultando tus entrañas en vómitos mientras adormecían tu ser. Las partes que no querías ver se borraron solas en lagunas mentales. Existías en un nivel en el que ya no te sentías a ti misma. Josefine tenía hambre de salvación (en extinción), pues tu ser estaba inestable sobre dos piernas que corrían y no sabían adónde ir. Josefine era cariñosa, pero no podía dirigir su amor hacia sí misma. Fine viene de tu amor propio, de tu autoconfianza, de tu intuición. Ahora Fine puede amar a Fine y a Josefine. Te integro comprendiéndote como Fine. Yo como Fine no hubiera sido posible sin ti. Ella reencarnó como elle y él.
Te recuerdo, Josefine. Te creo, Josefine. Me despido de ti y te dejo ir. Te superaste a ti misma y me diste la vida. Tu vida tiene sentido para mi existencia actual. Eres valiosa para mí. Me estoy creando una vida en Fine que no era posible para Josefine. Me inspiras. Con tu sabiduría, puedo recorrer nuevos caminos. Con tu fuerza, puedo crearme a mí misme. Con tu trauma, sé cómo lidiar. Con tu pasión, amo mi vida. Gracias a tu orientación a los objetivos, sé qué hacer Ahora, sé cómo estar presente ahora. Tu curiosidad me guía para descubrir nuevas perspectivas. Tus sueños saben expresarse en Fine. Te mereces tu recreación como Fine y todo lo que Fine aún creará. Te amo. Gracias por la vida que me diste. En Fine puedo ser libre.
Descansa en paz.
† Josefine, 24/09/1998 – marzo 2021
Este texto fue escrito originalmente en alemán.
ENGLISH VERSION
Welcome to the Commemoration
Please listen to the Mass in B minor by Bach while you are reading this text.
This text was written on All Souls' Day, 2nd November 2023, in mourning and remembrance of the deceased Josefine Giebler, (*) 24/09/1998, † March 2021
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the altar
I remember the deceased Josefine Giebler, may she have found her rest in peace. Thank you, Josefine, for fighting for me until your last breath. You were firm until you finally let go of your identity. You had to give up yourself to make room for me. Your death gives me space to be; death and rebirth go hand in hand. Your body is in the past. Testosterone has taken over your body and recreated me forever. I have inherited your eyes – I will never forget what you saw. Your memories are my memories. I know you tried so hard to be someone you weren't – a woman who used to be a girl. In that, you exhausted yourself, put so much time and effort into your construction, wanting to be who you were expected to be. You were diligent, well-behaved and rude, conscientious, reserved, anxious, obstinate and stubborn, you were desperate. I look back on Josefine as Fine, who neither understood nor saw me as a woman. Your perseverance has transformed into new life. Your vital spirit lives on in me. Your courage and fighting spirit now manifest themselves in me as Fine. Your grief is at rest. Your laughter resounds in me. Your broken body has given itself a new life, I owe you my life. Your voice no longer resounds. You loved to sing, your voice, it was filled with Christian choral literature, trained to a First Soprano, the highest "female voice". You used your breaths to perform. In choir competitions you were heard, in solos praised; in femininity you were overruled, interrupted, and silenced. Pressure was put on you until you no longer believed yourself. Split in your heart, a throbbing pain, your body ached greatly. Body parts that were loosely held together. Thoughts that tore themselves apart and turned your strength against yourself. On the outside you appeared orderly, while on the inside you were disintegrating. You were ambitious to live, presenting yourself as exemplary to the outside world. At your high school graduation, you were voted the exemplary student of the year, while looking inwards you couldn't visualise yourself and only found emptiness. You were searching for yourself. A rebirth as Fine slumbered within you. Josefine was always aware of her end, knew she wouldn't stay forever. Your being disintegrated into shame. The shame of not being enough, of being wrong, of not belonging, of being different. The shame of being considered a slut. Your skin was soft and held your insides together, adorned with moles and birthmarks. With an eating disorder, you tried to mould your body into a shape that was less and therefore enough. You tried to starve away your fullness of being. You tried to find shape yourself through excessive self-control. Alcohol excesses gave you air to breathe by forcing you to break the façade and show more of yourself, catapulting out your insides in vomit while numbing your being. The parts you yourself didn't want to see erased themselves in blackouts. You existed on a level where you no longer felt yourself. Josefine was hungry for salvation (in extinction), as your being stood unstable on two legs that ran and didn't know where to go. Josefine was loving yet could not direct her love towards herself. Fine comes from your self-love, your self-trust, your intuition. Fine can now love Fine and Josefine. I integrate you by understanding you as Fine. I as Fine would not have been possible without you. She reincarnated as they and he.
I remember you, Josefine. I believe you, Josefine. I say goodbye to you and let you go. You have exceeded yourself and have gifted me my life. Your life has meaning for my present existence. You are precious to me. In Fine, I am creating for myself the life that was not possible for Josefine. You inspire me. With your wisdom, I can go new ways. With your strength, I can create myself. With your trauma, I know how to deal with. With your passion, I love my life. Thanks to your goal-orientation, I know what to do Now, know to be present now. Your curiosity guides me to discover new perspectives. Your dreams know to express themselves in Fine. You deserve your recreation as Fine and all that Fine will still create. I love you. Thank you for the life you have given me. In Fine I can be free.
Rest in Peace.
† Josefine, 24/09/1998 – March 2021
This text was originally written in German.
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